Die Rache des Baumarktfachverkäufers

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Ich besorge mir im Baumarkt einen neuen Duschkopf, der am Tag darauf wie ein Weihnachtsbaum blinkt, was in mir ungute Erinnerungen an den Notarzt hochkommen lässt.

„Dieses Teil passt jetzt?“
„Ja.“
„Hat mir Ihr Kollege vor drei Tagen auch erklärt … nichts hat funktioniert.“
„Das ist der DIN-seitig vorgesehene Kopf.“
„Weshalb hat es dann so gespritzt?“
„Weil der Schlauch kaputt war.“
„Da haben Sie mir nun den richtigen eingepackt?“
„Ja.“
„Und der lässt sich problemlos mit der Apparatur verbinden?“
„Ja.“

Die Auswahl verwirrt mich immer wieder

„Ihr Wort in Gottes Gehörgang … habe wenig Lust, morgen zum dritten Mal wegen eines popeligen Duschgeräts hier aufzukreuzen.“
„Sie scheinen mir ein etwas ungeschickter Heimwerker zu sein wenn Sie sich an meine
Hinweise halten, wird es klappen.“
„Das hoffe ich … nun benötige ich noch ein paar kleine Metallteile … nennen sich: Regalbodenhalter.“
„Wie?“
„Regalbodenhalter.“
„Gibt’s nicht.“
„Habe ich extra im Internet nachgeschaut.“
„Sie meinen bestimmt Bodenhalter. … die führen wir selbstverständlich im Sortiment … bitte folgen Sie mir.“

Drei Korridore weiter links:
„Ich muss mich jetzt also zwischen Länge korrekt, jedoch andere Dicke oder identischem Umfang, dafür aber kürzer entscheiden?“
„Ja.“
„Wozu raten Sie mir?“
„Kaufen Sie beide Varianten; erspart Ihnen den Umtausch morgen.“

Mir schießen Worte meiner Oma mütterlicherseits durch den Kopf, die in ähnlichen Fällen stets den Geschäftsführer zu sprechen wünschte. „Weshalb tust du das?“, fragte ich als Zehnjähriger naiv. „Weil die Verkäufer alle keine Ahnung haben und bloß freche Antworten geben.“ Früher war mir diese resolute Vorgehensweise manchmal peinlich. In diesem Moment spüre ich, dass meine lebenserfahrene Großmutter völlig recht hatte.

Zurück in meiner Wohnung montiere ich am selben Abend Schlauch an Apparatur und Duschkopf an Schlauch. Drehe die Hähne auf. Alles klappt reibungslos, Wasser schießt nach vorne und nicht seitlich weg, ich bin glücklich.

Der Duschkopf blinkt plötzlich wie ein Weihnachtsbaum

Am darauffolgenden Morgen, 6.30: ich etwas in Eile, weil ich heute zeitig am Schreibtisch sitzen möchte. Springe unter die Dusche. Bemerke, dass die Beleuchtung im Bad über Nacht ihren Geist aufgegeben hat. Kein Thema – dann eben eine dunkle Schnellwäsche. Um richtig wach zu werden, lasse ich abwechselnd warmes und kaltes Wasser über mich laufen. Während ich den Bauch einseife, sehe ich unvermutet rot blinkende Lämpchen über mir. Was zum Teufel ist das, überlege ich. Halluzinationen am frühen Morgen? Die Farbe wechselt in Orange, einige Sekunden später in Grün. Wie die Verkehrsampel an der nächsten Kreuzung.

Ich erinnere mich plötzlich daran, wie ich vor einigen Jahren mit Blaulicht vor meinem Badezimmer von Polizisten und Sanitätern in Empfang genommen wurde, die mich freundlich – im Falle meiner Weigerung jedoch mit Zwangsmaßnahmen drohend – aufforderten, ihnen in die nächstgelegene Klinik zu folgen. Zu meinem eigenen Besten natürlich. Die neugierigen Nachbarn standen damals im Treppenhaus Spalier, gafften und tuschelten. Mich juckte es zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr. Ich grübelte während der Fahrt ins Krankenhaus stattdessen, wie viele Tage Aufenthalt in der Geschlossenen mir dieses Mal blühen würden.

Der Duschkopf blinkt. Wie die durchgeknallte Weihnachtsbeleuchtung an einer Hausfassade in einem New Yorker Vorort. Warum auch immer. Vermutlich die Advents-Edition. Hatte ich da gestern am späten Abend eine Batterie reingesteckt und das im Schlaf vergessen? Nein. Woher holt sich das Gerät den Strom? Ein wasserbetriebener Dynamo? Was soll ich mit diesem Schwachsinnsteil? Fehlt noch, dass nach zehn Minuten, sobald die Apparatur genug Saft geladen hat, „White Christmas“ von Bing Crosby erklingt.

Kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der superschlaue Verkäufer mir eins auswischen wollte Wird ihm nichts nützen, denn heute Abend stehe ich erneut im Baumarkt auf der Matte. Und werde den Ratschlag meiner Oma berücksichtigen: zuerst den Geschäftsführer in den Senkel stellen und dann fordern, dass der unverschämte Kerl von gestern den singenden Duschkopf aus- und einen neuen einbaut. Alles auf Kulanz, natürlich.

Bild von 955169 auf Pixabay

Henning Hirsch

Betriebswirt und Politologe, Comicleser, Filmjunkie, Bukowski- und FC- (es gibt nur einen FC: nämlich den aus Köln) Fan, trockener Alkoholiker. In die Abstinenz startete er mit einem Roman: Saufdruck. Seitdem tippt er abends Kurzgeschichten und Gedichte. Da die Schreiberei alleine nicht satt macht, verdient er tagsüber seine Kaltmiete und die Kühlschrankfüllung mit Marketing & Orga. Henning Hirsch lebt im Bonner Süden und ist Vater von drei Kindern.

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