Halbes Kilo Hackfleisch

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Verlieb dich nicht in hundertzehn Pfund blonde Frau, verlieb dich nicht in weiche Kissen, Satinlaken, pinke Dildos …

| Halbes Kilo Hackfleisch
Verlieb dich nicht in hundertzehn Pfund
blonde Frau
verlieb dich nicht in weiche Kissen, Satinlaken
pinke Dildos
die sie mit zarten Fingern berührt hat
triefend von teurer Maniküre
gefrorene Maracujasorbet-Lippen
gebleichte Traumstrandzähne
Instant-Gefühle
verlieb dich nicht in ihre Sätze
die sie wie Textbausteine sprudeln lässt
jeder Discountfuselrausch schmeckt besser
als dieses fade Blond
verlieb dich nicht in den Gesang einer Schwänin
verlieb dich nicht in durchsichtige Nylons
unter denen blaue Adern schimmern
in das Fleisch der Schenkel
dieses stets verlockende Fleisch
verlieb dich nicht in die Taxifahrerin
die dich nachts nach Hause bringt
aber verlieb dich auch nicht
in Zölibat, Onanie, abstruse Fetische

die Einsamkeit schmeichelt deiner Eitelkeit
dabei würde jede kleine Umarmung
gesünder sein als die Tonnen
Pornografie, die du täglich durchblätterst
bloß, um heuchlerisch zu sagen: „brauche ich nicht“
verlieb dich nicht in Stundenhotels, grüne Perücken
Push-BHs und schwarzglänzende Nuttenstiefel
verlieb dich nie in die Vergangenheit, denn sie ist
unwiderruflich Geschichte

deine Gegenwart so öde wie die graugesichtige
Sekretärin
die du jeden Morgen gedankenlos grüßt
fürchte die Zukunft, die den Tod bringt
panische Angst vor braunen Augen
Erschrecken bei einem zarten Lächeln
du hast zu lange auf der Straße gelebt
als dass du noch Vertrauen fassen könntest
verlieb dich nie in einen anderen
es wird dein Verderben sein

ein halbes Kilo Hackfleisch bei McDonalds
stillt den Appetit für ein paar Stunden
bevor der unersättliche Hunger nach Liebe
von neuem in dir wütet
hundertzehn Pfund balancierend auf High Heels
können dein Ende bedeuten
also: Mann mit der verdorrten Seele
verliebe dich nie mehr
wenn du an deinem billigen Frieden hängst
wie ein Morphinist an der Nadel

(c) H. H.

Bild von HOerwin56 auf Pixabay

Henning Hirsch

Betriebswirt und Politologe, Comicleser, Filmjunkie, Bukowski- und FC- (es gibt nur einen FC: nämlich den aus Köln) Fan, trockener Alkoholiker. In die Abstinenz startete er mit einem Roman: Saufdruck. Seitdem tippt er abends Kurzgeschichten und Gedichte. Da die Schreiberei alleine nicht satt macht, verdient er tagsüber seine Kaltmiete und die Kühlschrankfüllung mit Marketing & Orga. Henning Hirsch lebt im Bonner Süden und ist Vater von drei Kindern.

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